Den bedeutendsten militärischen Erfolg am 25. Juni errang jedoch das 314th IR im mittleren Frontabschnitt mit der Eroberung des strategisch für die Verteidigung von Cherbourg so wichtigen Fort du Roule.

Das auf dem westlichen Ende der bis zu 117 m hohen Hügelkette Montagne du Roule gelegene Fort du Roule (Stützpunkt Stp-255) war eine Festung aus dem 19. Jahrhundert, die nach der Besetzung Frankreichs von der Wehrmacht zu einem zweistöckigen Stützpunkt ausgebaut worden war, der den Zugang zum Hafen von Cherbourg schützen sollte. Der obere Teil des Forts war ein von Festungswällen umgebenes offenes Gelände, auf dem sich drei 3,7 cm Flakgeschütze in offenen Stellungen befanden, weiterhin waren in den Mauern an strategisch wichtigen Positionen zahlreiche MG- und Mörserstellungen eingebettet worden. Unterhalb dieses oberen Stockwerkes hatten die Deutschen eine Reihe von unterirdischen Gängen in den Fels gesprengt, die auf der Nordseite (d.h. zum Hafen hin) in vier Kasematten vom Regelbautyp R671 mündeten. In jedem dieser Geschützbunker befand sich jeweils eine 10,5 cm Marine-Schnellladekanone S.K. C/32 der 5. Batterie, Marine-Artillerie-Abteilung 260, die auf das Meer, den Hafen und das Stadtgebiet feuern konnten.

Während der deutschen Besatzungszeit wurden die unterirdischen Gänge zur Aufbewahrung von Torpedos der im Hafen von Cherbourg vor Anker liegenden Schnellboote der 5. und 9. Schnellbootflotillen benutzt. Zur Landseite, d.h. nach Süden hin, konnte das Fort nur von den in den Mauern eingelassenen MG- und Mörserstellungen im oberen Stockwerk verteidigt werden. Darüber hinaus befanden sich am Süd- und Südosthang der Montagne du Roule zahlreiche Bunker, Stacheldrahthindernisse, MG-Nester, ein Panzergraben sowie auf Höhe der heutigen D410 eine Verteidigungslinie mit gut ausgebauten Stellungen vor der noch ein ausgetrocknetes Bachbett verlief.

Nachdem eine Schwadron P-47 Jagdbomber das Fort am 25. Juni um 08:00 mit Bomben und MG-Feuer belegt hatte (der Angriff blieb jedoch ohne Wirkung, da die meisten Bomben nicht im Ziel lagen), gingen die 2nd und 3rd Bn, 314th IR, von ihrer am Vortag eingenommenen Linie zum Angriff über. Sofort wurden die Amerikaner von heftigem MG- und Gewehrfeuer aus der entlang der D410 verlaufenden Verteidigungslinie empfangen, das nur durch konzentriertes MG- und Mörserfeuer niedergeschlagen werden konnte.

Während das 3rd Bn Feuerschutz übernahm, arbeitete sich das 2nd Bn den Südhang der Montagne du Roule hinauf zur Kammspitze vor, das Bataillon setzte zur Zerstörung   der Stacheldrahthindernisse, Bunker und anderer Stellungen Bangalore-Torpedos und Dynamit ein. Für seine außergewöhnliche Tapferkeit bei diesen Kämpfen wurde Corporal John D. Kelly, E Company, 314th IR, die Medal of Honor, Amerikas höchste Tapferkeitsmedaille, verliehen. Kelly hatte einen den Vorstoß der Amerikaner blockierenden deutschen MG-Bunker dreimal im Alleingang mit einem mit 7 kg TNT gefüllten Bangalore Torpedo attackiert und die Besatzung schließlich zur Aufgabe gezwungen.

Da trotz dieser Heldentat das 2nd Bn unter dem weiterhin heftigen Abwehrfeuer nicht wie erwartet vorankam, wurde dem 3rd Bn befohlen, an der linken Flanke des 2nd Bn nun eben­falls den Südhang der Montagne du Roule zu erstürmen und dem Angriff mehr Wucht zu verlei­hen. Auch im 3rd Bn konnte ein Soldat an diesem Tag eine Medal of Honor erringen. 1st Lieutenant Carlos C. Ogden, komman­dierender Offizier der K Company, 314th IR, schaltete trotz einer erlittenen Verwundung mit einer Gewehrgranate im Alleingang zunächst ein deutsches 8,8 cm Flakgeschütz aus und zerstörte anschließend zwei deutsche MG-Nester. Im Laufe des Nachmittages hatten sich die beiden US-Bataillone allmählich an das Fort herangearbeitet und nach einigen weiteren Stunden heftigen Kampfes kapitulierten kurz vor 22:00 die deutschen Soldaten im oberen Stockwerk des Forts.

In der Zwischenzeit war das 313th IR nach der Einnahme von Hameau Gringor dabei, in die südöstliche Vorstadt Cherbourgs vorzudringen. Aufklärungspatrouillen brachten mehrere Gefangene ein, es war aber nicht möglich, in die Stadt selbst vorzustoßen, da die vier 10,5 cm Geschütze aus dem noch nicht eroberten unteren Stockwerk des Fort du Roule jede Truppenbewegung sofort mit gut im Ziel liegenden Salven verhinderten. Somit mussten diese vier Geschütze am 26. Juni zuerst ausgeschaltet werden, bevor eine Besetzung Cherbourgs möglich war.

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