17. Juli
Am Abend des 16. Juli erhielt das 116th IR 270 Mann Ersatz und den Befehl, am 17. Juli mit seinem 3rd Bn unter Major Tom Howie zu dem eingeschlossenen 2nd Bn vorzustoßen, und anschließend zusammen mit dem 2nd Bn über la Madeleine nach St-Lô hinein zu stoßen. Das 115th IR traf wie bereits in den Tagen zuvor auch am 16. Juli auf entschiedenen Widerstand der Deutschen und konnte im Tagesverlauf gerade einmal 250 m in Richtung Martinville Hügelkette vordringen.
Major General Gerhardt erteilte noch am Abend des 16. Juli dem stellvertretenden Divi- sionskommandeur, Brigadier General Norman Cota, den Befehl, im Raum Couvains eine mobile Taskforce zusammenzustellen (Elemente des 29th Cavalry Reconnaissance Troop, 121st Engineer Battalion, mehrere Platoons der Cannon and Anti-Tank Company, 175th IR, B/803rd Tank Destroyer Battalion, Reconnaissance Platoon des 821st Tank Destroyer Battalion sowie mehrere Artilleriebeobachter und Militärpolizisten), die bei einem sich abzeichnenden Zusammenbruch der deutschen Front in die entstehende Lücke stoßen und direkt nach St-Lô hinein vordringen sollte.
Am 17. Juli nahm das 120th IR westlich der Vire trotz beträchtlicher Gegenwehr am Spät- nachmittag den Weiler la Houcharderie ein und hatte damit einen Punkt südlich der Unter- wasserbrücke von le Rampan erreicht. Zwei Gegenangriffe der Panzer-Lehr-Division, mit denen der Einbruch der 30th ID bereinigt werden sollte, konnte von den Amerikanern mit Unterstützung eigener Artillerie abgewehrt werden. An der Westflanke der 30th ID wurde dem 117th IR befohlen, nach la Huberderie vorzustoßen und dort die beiden Brücken über den Fluss Terrette einzunehmen. Am Ende des Tages hatte sich das 117th IR zwar bis auf 350 m an die Brücken heran gekämpft, die Einnahme sollte jedoch erst am 18. Juli gelingen.
Im Einsatzraum der 29th ID hatten das 115th IR den Auftrag, von Norden in Richtung Martinville Höhenzug vorzustoßen während das 175th IR versuchen sollte, entlang der D 972 von Osten in Richtung des hinter den deutschen Linien isolierten 2nd Bn, 116th IR, vorzudringen und die 200 GIs aus ihrer Umklammerung zu befreien. Auch das 3rd Bn, 116th IR, hatte Befehl erhalten, seinem belagerten Schwesterbataillon zu Hilfe zu eilen und anschließend mit diesem zusammen in die östlichen Außenbezirke von St-Lô vorzudringen.
Major Thomas D. Howie, Kommandeur des 3rd Bn, 116th IR, gelang es tatsächlich, sein nur rund 420 Mann starkes Bataillon im Morgengrauen nahezu unbemerkt durch die deutsche Frontlinie zu führen. Howie hatte seinen Männern klar gemacht, dass es das einzige Ziel des Bataillons war, zu dem isolierten 2nd Bn durchzubrechen. Um so wenig wie möglich Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, verbat Howie seinen Männern, ihre Schusswaffen einzusetzen. Nur im äußersten Notfall durfte feindliches Feuer erwidert werden, ansonsten sollten die Männer Gebrauch von ihren Messern und Bajonetten machen. Um 06:00 erreichte das 3rd Bn la Madeleine und stellte nach kurzer Suche Kontakt mit dem etwas weiter östlich liegenden 2nd Bn her. Howie wurde schnell klar, dass das 2nd Bn nicht mehr in der Lage war, noch am selben Tag an einem Angriff auf St-Lô teilzunehmen, das Bataillon verfügte über fast keine Munition mehr und das 3rd Bn führte nur genügend Munition für sich selbst mit. Howie schilderte Colonel Dwyer, CO 116th IR, die Lage in einem Funk- gespräch und erhielt den Befehl, den Angriff alleine mit seinem Bataillon zu wagen. Kurz nachdem Howie den Befehl akzeptiert und das Gespräch beendet hatte, schlug eine Mörsergranate in unmittelbarer Nähe ein, ein Splitter traf den ungedeckt stehenden Major in der Lunge. Howie, der noch kurze Zeit zuvor seinen Kompaniechefs prophezeit hatte, dass er an der Spitze des 3rd Battalion in St-Lô einmarschieren würde, verblutete innerhalb weniger Minuten. Kurz nach dem Tode Howies setzte mehrstündiger schwerer deutscher Artillerie- und Mörserbeschuss ein, der verhinderte, dass die Männer des 3rd Bn, nun unter dem Kommando des stellvertretenden Bataillonskommandeurs, Captain William H. Pun- tenney, sich zum Angriff formieren konnten.
Im Laufe des Tages scheiterte eine Versuch des noch immer östlich von Martinville liegen- den 1st Bn, 116th IR, vier Halbkettenfahrzeug mit Munition, Lebensmitteln und Blutplasma über den von Martinville hinunter in die Senke des Rau de la Pière führenden Feldweg zu den beiden eingeschlossenen US-Bataillonen zu bringen. Bereits am Nachmittag war der Befreiungsversuch des 175th IR im deutschen Artilleriefeuer nach wenigen Metern zusam- mengebrochen, sodass am 17. Juli von dieser Einheit keine Entlastung zu erwarten war.
Gegen 18:00 wurden die beiden isolierten Bataillone von deutscher Infanterie aus Richtung St-Lô angegriffen, einigen deutschen Fallschirmjägern gelange es sogar, die amerikanischen Linien zu durchbrechen. Während des Feuergefechtes drang deutlich vernehmbar Motoren- lärm und Kettengerassel aus Richtung St-Lô zu den Amerikanern herüber. Captain Puntenney ahnte, dass dem Vorstoß der deutschen Infanterie nun bald ein Angriff mit Panzern folgen würde und erbat über Funk Artillerie-und Luftunterstützung. Bereits eine Stunde später rauschten die ersten Salven heran und schlugen im Sammelraum der deutschen Panzerkolonne ein. Kurz nach 21:00 trafen P-47 Jagdbomber der 506th Fighter Bomber Squadron ein und bekämpften die deutschen Kettenfahrzeuge erfolgreich mit Bomben und Bordwaffen. Der Fliegerangriff unterband in letzter Minute den deutschen Panzer- angriff, noch bevor er ins Rollen gekommen war.
Da im Laufe des Tages auch der Befreiungsversuch des 175th IR unter hohen Verlusten im deutschen Artilleriefeuer liegen geblieben war, musste sich die nun rund 600 Mann starke Kampfgruppe der 2nd und 3rd Battalions, 116th IR, auf eine weitere ungemütliche Nacht hinter den deutschen Linien einrichten. Jedoch gelang es während der Nacht zwei aus jeweils 20 Freiwilligen bestehende Gruppen des 1st Bn, 116th IR, die isolierten Amerikaner zu erreichen. Nachdem nun bekannt war, über welche Route man die Eingeschlossenen erreichen konnte, wurde der A Company, 116th IR, für den 18. Juli befohlen, entlang der erkundeten Route eine Art geschützten Korridor einzurichten, durch den die beiden abge- schnittenen Bataillone mit Munition und Nahrung versorgt werden konnten.
Den einzigen nennenswerten offensiven Erfolg der 29th ID konnte am 17. Juli das 115th IR vermelden. Zwar waren die 1st und 3rd Bn mit ihrem Angriff nördlich von Couchais im deutschen Abwehrfeuer erneut liegen geblieben, das 2nd Bn jedoch umging die deutschen Stellungen in Couchais östlich und stieß ohne auf nennenswerte Gegenwehr zu stoßen über Martinville bis nördlich von la Planche und damit in den Rücken der deutschen Truppen in Couchais vor. Damit hatte sich das 115th IR in eine gute Ausgangsposition für die Fort- führung des Angriffes auf St-Lô am nächsten Tag gebracht.
Die nebenstehende Karte zeigt die Geländegewinne der 9th und 30th ID am 17. Juli (gestrichelte Linie). Insbesondere das 120th IR und das 119th IR konnten weiter Boden in Richtung Süden gut machen, das 1st Bn, 119th IR, stand am Abend des 17. Juli auf Höhe der nur noch wenige Km weiter östlich liegenden Unter- wasserbrücke von Rampan, was bei den Führungsstä- ben der 352. Inf.Div. sowie des II. Fallschirm-Korps größte Besorgnis auslöste.