6. - 8. Juni
Nach der verlustreichen, aber letztlich doch erfolgreichen D-Day Landung am OMAHA Beach, die das US V Corps (Major General Leonard T. Gerow) mit hohen Verlusten bezahlen musste, gelang es den Amerikanern erst im Laufe des 7. und 8. Juni, zumindest einen Teil ihrer für den D-Day befohlenen Geländegewinne zu erzielen. Der von den beiden am D-Day landenden Divisionen des US V Corps, der 1st Infantry Division (Major General Clarence R. Huebner, „The Big Red One“) bzw. 29th Infantry Division (Major General "Uncle Charlie" Charles H. Gerhardt, „Blue and Gray") zu erobernde Brückenkopf war in seiner Ausdeh- nung im Osten durch die Linie Port-en-Bessin - Tour-en-Bessin, im Westen von der Mündung des Flusses Vire bis auf Höhe von Isigny-sur-Mer sowie im Süden durch die Linie Tour-en-Bessin - Trévières - Isigny-sur-Mer definiert. Nach Erreichen der so genannten D-Day Phase Line Tour-en-Bessin - Trévières - Isigny-sur-Mer (siehe Karte) sollten sich die US-Truppen am Nordufer des kleinen Flusses Aure festsetzen und weitere Befehle abwar- ten.
Neben dem Erreichen der Phase Line sollte das V Corps am D-Day den Kontakt mit dem im GOLD Sektor gelandeten British XXX Corps (50th Infantry Division) sowie dem im westlich gelegenen UTAH Sektor gelandeten US VII Corps (4th US Infantry Division sowie 82nd und 101st US Airborne Divisions) herstellen, um damit einen durchgängigen Landekopf mit den beiden benachbarten Sektoren UTAH und GOLD herzustellen.
Der oben beschriebene Brückenkopf im OMAHA Sektor, der einem Gebiet von circa 26 Km Breite und 10 Km Tiefe entsprach, sollte nach Konsolidierung der Kräfte als Ausgangsbasis für den geplanten gemeinsamen Vorstoß mit der Second British Army in südlicher Richtung ins Landesinnere dienen.
Hierbei war die Zielsetzung des US V Corps in den ersten Tagen nach der Landung primär die Einnahme der strategisch wichtigen Städte Caument und St-Lô. Insbesondere St-Lô war und ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt, von dem aus mehrere gut ausgebaute Straßen in nordsüdlicher bzw. ostwestlicher Richtung verlaufen. Die baldige Einnahme der Stadt, in dem sich auch das Hauptquartier des deutschen LXXXIV. Armee-Korps (General der Artillerie Erich Marcks) befand, hatte für den weiteren Verlauf der Operationen der 1st US Army (Lieutenant General Omar Bradley) große Bedeutung.
Der Vorstoß nach Süden sollte ab dem Zeitpunkt erfolgen, ab dem der dritte Großverband des US V Corps, die 2nd US Infantry Division (Major General Walter Robertson, „Indian Head“), vollständig im OMAHA Brückenkopf angelandet war. Dieser Zeitpunkt war laut Plan für den 8. Juni festgelegt.
Am Nachmittag des 8. Juni hatte sich die Situation der Amerikaner im Brückenkopf einigermaßen stabilisiert. Die drei Infanterie-Regimenter der 29th Infantry Division (kurz 29th ID) standen nun kurz davor, ihre für den D-Day gestellten Ziele zu erreichen. Das 175th Infantry Regiment (kurz 175th IR) marschierte in westlicher Richtung auf Isigny-sur-Mer zu, das am D-Day in der ersten Angriffswelle eingesetzte und während der Landung erlittenen hohen Verluste bereits geschwächte 116th IR hatte sich zusammen mit den 2nd und 5th Ranger Battalions bis nach Grandcamp vorgekämpft und den Ort erobert. Das 115th IR war an das Nordufer des von deutschen Pionieren künstlich aufgestauten Überschwemmungsgebietes der Flüsse Aure und L´Esque vorgestoßen, hatte die Weiler Deux-Jumeaux, Longueville und Canchy eingenommen und machte sich bereit, Aufklärungstrupps durch das auf Höhe von Canchy rund 2,5 Km breite Überschwemmungsgebiet in Richtung Süden zu entsenden.
Im Osten des OMAHA Sektors gelang es auch den Infanterie-Regimentern der 1st Infantry Division (kurz 1st ID) bis zum Abend des 8. Juni erhebliche Raumgewinne zu erzielen. Das 3rd Battalion, 26th Infantry Regiment (kurz 3rd Bn, 26th IR) war entlang der Route Nationale 13 bis über Tour-en-Bessin vorgestoßen und befand sich am Abend rund 1,5 Km vor Vaucelles, wo sich bereits Einheiten der Briten eingegraben hatten. Das 18th IR hatte den Fluss Aure überschritten und war bis auf die Linie Mandeville - Moulagny vorgedrun- gen.
Die 2nd ID hatte am Abend des 8. Juni im Zentrum des OMAHA Brückenkopfes den Raum Formigny erreicht und komplettierte nun die Angriffsfront des US V Corps.
Die Alliierten hatten einen genauen Zeitplan für den Verlauf der Operation Overlord erstellt. Dieser Zeitplan war durch so geannte Phasenlinen beschrieben, die die Position der alliierten Streitkräfte am jeweiligen Tag (D+5; D+10 usw.) darstellen sollten. Die strategisch wichtige Stadt St-Lô sollte am D+4, also am 10. Juni, in den Händen des US V Corps sein. Paris, die Hauptstadt Frankreich, deren Eroberung das Ende der Schalcht inder Normandie markieren sollte, war auf D+90 festgelegt, wie sich herausstellen sollte, wurde die Stadt sogar vor dem eigentlich geplanten Termin erobert.